1918 bis zum „Anschluss“

Erste Republik, Ständestaat und „Anschluss“ 1938. Krisen, Putsche, Bürgerkrieg


In den knapp 16 Jahren ihres Bestehens gab es in der Ersten Republik zahlreiche Situationen zu bewältigen, die uns eine völlig andere Zeit vor Augen führen: Der Verlauf der Geschehnisse in der Ersten Republik war turbulent, von Krisen geprägt, und von politischer Gewalt, die nicht selten physisch wurde.

Die folgende exemplarische Kurzübersicht über diesen Zeitraum soll dazu dienen, die politische Andersartigkeit der Ersten Republik und des darauffolgenden Ständestaats zu erkennen. Durch die relativ oftmalige Zitierung Adolf Hitlers möchte ich einerseits die Entwicklung der Geschehnisse vom Anschlusswunsch bis zum tatsächlichen „Anschluss“ hervorheben und andererseits die enge Verzahnung zwischen den geschichtlichen Abläufen Österreichs und Deutschlands darstellen.


Inhalt

[Die Quellen der Zitate in den grünen Kästen sind unten im Literaturverzeichnis angeführt.]



Der Beginn der Ersten Republik


Im Verlauf der Endphase des Ersten Weltkriegs zerfiel im Oktober 1918 Österreich-Ungarn in seine Einzelteile. Sich auf das am 17. Oktober verlautbarte Völkermanifest Kaiser Karls I. berufend, gründeten Slowenen, Kroaten und Serben Ende des Monats ihren eigenen Staat, und auch die Tschechen und Slowaken verselbstständigten sich durch die Gründung der Tschechoslowakei. Ebenso strebten Polen und Rumänien nach Unabhängigkeit. Ungarn hatte ohnehin seit 1867 einen Sonderstatus in der Monarchie und erklärte sich am 31. Oktober für selbstständig. All diese Länder entzogen sich damit der kaiserlichen Führung – die Monarchie war zerfallen.

Österreich soll, dem Willen seiner Völker gemäß, zu einem Bundesstaate werden, in dem jeder Volksstamm auf seinem Siedlungsgebiete sein eigenes staatliches Gemeinwesen bildet. […]
Diese Neugestaltung, durch die die Integrität der Länder der ungarischen heiligen Krone in keiner Weise berührt wird, soll jedem nationalen Einzelstaate seine Selbständigkeit gewährleisten; sie wird aber auch gemeinsame Interessen wirksam schützen und überall dort zur Geltung bringen, wo die Gemeinsamkeit ein Lebensbedürfnis der einzelnen Staatswesen ist.

Kaiser Karl I., 16. Oktober 1918

„An Meine getreuen österreichischen Völker“, siehe http://www.worteimdunkel.at/?page_id=490#manifest

Kaiser Karl I. dankte zwar nicht ab, hatte jedoch die Macht verloren, sein großes Vielvölkerreich weiter zu führen. So versammelte sich am 21. Oktober die Provisorische Nationalversammlung in Wien, die über die Gründung eines Staates beratschlagte, der den verbleibenden deutschsprachigen Rest der ehemaligen Länder der Monarchie in sich vereinen sollte. Der Name des neuen Staates sollte Deutschösterreich lauten.

Am 11. November 1918 verzichtete Kaiser Karl auf die weitere Beteiligung an den Staatsgeschäften, am 12. November wurde vom Staatsrat die Republik Deutschösterreich ausgerufen.



Zustand und Selbstbild Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg


Unmittelbar nach der Gründung der Republik herrschte sozusagen das freie Spiel der politischen Kräfte. Gruppen, die nach wie vor dem Kaiser und der Monarchie treu waren, standen solchen gegenüber, die die republikanische Staatsform festigen wollten. Kräfte, die dem Faschismus zuneigten, existierten neben solchen, die den Anschluss an Deutschland suchten. Dieser letzte Punkt zog sich allerdings durch fast alle politischen Gruppen.

Die Sozialdemokraten hatten Angst, nur in den großen Städten und Industriegebieten zur stärksten Macht zu werden und im bäuerlichen und bürgerlichen Lager keine Chance gegen die Christlichsozialen zu haben und umgekehrt. Beide großen politischen Parteien hofften also darauf, als Bundesstaat Deutschlands Teil einer großen Nation zu werden. Das große Österreich-Ungarn, das in den Köpfen der Menschen über Jahrhunderte das Bewusstsein bildete, Bewohner eines riesigen Reiches zu sein, sollte durch die Kombination Österreich-Deutschland ersetzt werden.

Kurz bevor er zum Außenminister ernannt wurde, sagte selbst der große Vertreter der Sozialdemokratie Otto Bauer, nachdem Kaiser Karl I. das Selbstbestimmungsrecht der Völker legitimiert hatte:

Wir Deutschen können ruhig abwarten, wie die Nationen in voller Freiheit entscheiden! Denn wir werden nicht allein, nicht vereinsamt bleiben, wenn die anderen Völker die Gemeinschaft mit uns nicht wollen; jenseits der Staatsgrenze wohnen sechzig Millionen Deutsche.

Otto Bauer, 1. November 1918



Die ersten Nationalratswahlen


Einige Monate später, am 16. Februar 1919 fanden dann die ersten Nationalratswahlen statt. Erstmals waren auch Frauen eingeladen, ihre Stimme abzugeben.
Zu den wichtigen Beschlüssen des ersten Nationalrats zählten das Habsburgergesetz, das den ehemaligen Kaiser Karl I. des Landes verwies und das Vermögen der Habsburger, außer deren Privatbesitz, in Bundesbesitz übernahm. Weiters wurde das Adelsaufhebungsgesetz beschlossen, das unter anderem das Tragen des Adelszusatzes „von“ verbot. Beide Gesetze wurden Anfang April beschlossen.

Ergebnisse der Nationalratswahlen zwischen 1919 und 1930, siehe http://www.worteimdunkel.at/?page_id=490#wahlen



Ein kommunistischer Putschversuch


Am 15. Juni 1919 versuchten in Wien Kommunisten gegen die Regierung zu putschen. Nach dem Scheitern der Räterepublik in Bayern war die Partei jedoch zwiegespalten in jene, die den Putsch unbedingt durchführen wollten und jenen, die aufgrund der Ereignisse in München den Putsch für keine gute Idee hielten, denn schließlich währte die dortige Räterepublik nur etwa ein Monat.

Es erging nun also ein Aufruf zu einer Demonstration, deren Teilnehmer bewaffnet sein sollten. Polizeipräsident Johann Schober verhaftete daraufhin am 14. Juni die führenden Funktionäre der Kommunistischen Partei, um dem geplanten Putsch den „Kopf“ zu nehmen. Am 15. Juni versammelten sich jedoch einige Dutzend Demonstranten beziehungsweise Putschisten, um die Inhaftierten zu befreien. Im Zuge dessen richtete die Polizei ihre Maschinengewehre gegen die Putschisten, von denen etwa 20 starben.

Überall sah man die Spuren des Kampfes. Auf den Straßen war der Asphalt von Lachen geronnenen Blutes bedeckt. Namentlich an der Ecke der Wasagasse und Hörlgasse tragen fast alle Häuser die Spuren des Kampfes. Dort, wo die Kugeln einschlugen, ist in das Mauerwerk tiefe Bresche geschlagen.

Wiener Zeitung, 16. Juni 1919



Die soziale Lage


Neben solchen Problemen politischer Natur galt es in diesen Jahren, sozialen Missständen entgegenzutreten, die aus den finanziellen Verpflichtungen nach dem Ersten Weltkrieg entstanden waren. Die Reparationszahlungen des jungen Österreich – als Nachfolger der kriegsauslösenden Habsburgermonarchie und als Kriegsverlierer – waren nur durch Maßnahmen zu bewältigen, die die Kaufkraft der Bevölkerung so weit minderten, dass sich jene auf den Erwerb ihres täglich Brots beschränken mussten. Unternehmen, deren Palette die Produkte des täglichen Bedarfs überstiegen, mussten zusperren. Dadurch wiederum stiegen die Arbeitslosenzahlen erneut an.



Der Kirschenrummel


Im Juni 1920 kam es in Graz zu einer Hungerrevolte am Jakomini- und am Kaiser-Josef-Platz. Hausfrauen, die sich die Lebensmittel nicht mehr leisten konnten und sich über die horrenden Kirschenpreise beschwerten, verlangten von den Verkäufern, sie sollten ihre Preise senken. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, stießen sie Marktstände und Körbe um. Immer mehr Menschen schlossen sich ihnen an, bis etwa 600 Personen an diesem Aufstand, der als „Kirschenrummel“ in die Geschichte einging, beteiligt waren. Die Gewalt schaukelte sich hoch, bis die Polizei das Feuer eröffnete. 15 Tote waren zu beklagen.
Als Konsequenz wurden die Marktpreise festgelegt, um Wucher zu verhindern.



Der Staatsvertrag von St. Germain-en-Laye


Am 16. Juli 1920 schließlich trat der Staatsvertrag von St. Germain-en-Laye in Kraft, nachdem er bereits am 10. September 1919 unterzeichnet wurde. Er wurde in englischer, französischer und italienischer, nicht aber in deutscher Sprache verfasst. Der Begriff „Deutschösterreich“ erscheint im Dokument nicht. Der neue Name für die junge Republik wurde im Vertrag mit „Österreich“ definiert, indem man ihn verwendete.

Der Staatsvertrag regelte beispielsweise innerhalb welcher Grenzen der Staat Österreich zu liegen habe (Artikel 27), wie die Volksabstimmung in Kärnten über Verbleib bei Österreich oder Einverleibung durch den serbisch-kroatisch-slowenischen Staat abzulaufen habe (Artikel 49 und 50) oder die unabänderliche Unabhängigkeit Österreichs und somit implizit das Anschlussverbot an Deutschland oder andere Staaten (Artikel 88).



Die erste Verfassung Österreichs


Der Beschluss des ersten Bundesverfassungsgesetzes datiert auf den 1. Oktober 1920. Am 10. November trat diese erste Verfassung Österreichs in Kraft.

Artikel 1. Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.

Bundesverfassungsgesetz vom 1. Oktober 1920, Artikel I



Der Kredit des Völkerbunds


Im September 1922 sah der damalige Bundeskanzler Ignaz Seipel keine andere Möglichkeit, dem in Richtung Bankrott wankenden Staat auf die Beine zu helfen, als den Völkerbund in Genf um Kredite zu bitten. Gegen die Verpflichtung, keinerlei Anschlussbestrebungen an Deutschland zu verfolgen, etwa die Hälfte der erwirtschafteten Erlöse in ausländischen Banken anzulegen und einen Sanierungs- und Sparplan für die österreichische Wirtschaft auszuarbeiten, wurden 650 Millionen Goldkronen bereitgestellt.



Adolf Hitler und sein Buch „Mein Kampf“


Von 1. April bis 20. Dezember 1924 verbüßte Adolf Hitler seine Festungshaft in der Gefangenenanstalt Landsberg am Lech, die ihm wegen des gescheiterten Putsches vom November 1923 in München auferlegt worden war. Er nutzte die Zeit allerdings wenig sinnvoll und verfasste stattdessen „Mein Kampf“.

Schon damals schwadronierte er im ersten Band dieses inhaltlich und stilistisch durchaus einschläfernden Buches darüber, wie sehr er sich den Anschluss Österreichs an Deutschland wünschte. Gleichzeitig erzählt er von seinen ursprünglichen Berufsplänen als Baumeister. Tatsächlich wäre er als solcher erfolgsunabhängig besser in der Weltgeschichte aufgehoben gewesen.

Ich hoffte, dereinst als Baumeister mir einen Namen zu machen und so, in kleinem oder großem Rahmen, den mir das Schicksal dann eben schon zuweisen würde, der Nation meinen redlichen Dienst zu weihen.
Endlich aber wollte ich des Glücks teilhaftig werden, an der Stelle zu sein und wirken zu dürfen, von der einst ja auch mein brennendster Herzenswunsch in Erfüllung gehen mußte: der Anschluß meiner geliebten Heimat an das gemeinsame Vaterland, das Deutsche Reich.

Adolf Hitler, 1924



Der Schilling


Die Kredite des Völkerbundes waren an verschiedene Bedingungen gebunden, unter anderem das Anschlussverbot. Weiters musste die Währung stabilisiert werden, was man durch die Einführung des Schillings am 1. Januar 1925 erreichte. Die dazugehörige Teilwährung war der Groschen. Der Schilling löste die seit 1892 verwendete Kronenwährung ab.



Schattendorf und der Brand des Justizpalastes


Die Krisen nahmen kein Ende: Als am 30. Januar 1927 der Republikanische Schutzbund und Mitglieder der Frontkämpfervereinigung im burgenländischen Schattendorf aneinandergerieten, starben ein Kriegsversehrter und ein Kind durch Kugeln dreier Frontkämpfer. Zwei Tote, drei Schützen – im August fand der Prozess statt, doch keinem der Angeklagten konnte die klare Schuld zugewiesen werden. Sie behaupteten außerdem, in Notwehr gehandelt zu haben, weil der Schutzbund auf sie geschossen hätte. Die Geschworenen erreichten keine Zweidrittelmehrheit für eine Verurteilung, so sprach der Richter sie frei. Die Empörung der Bevölkerung war groß und mündete in Demonstrationen mit hohem Gewalt- und Eskalationspotenzial. Der Zorn richtete sich gegen die scheinbar parteiische Justiz – kurz danach brannten auch schon einzelne Trakte des Wiener Justizpalastes. Wieder schoß die Polizei auf die Demonstranten, 89 Tote lagen in den Straßen.

Zu den Wehrverbänden siehe http://www.worteimdunkel.at/?page_id=490#wehrverbaende



Hitler und Österreich


Den nach dem Ende des Ersten Weltkrieges ständig in politische Forderungen einfließenden Gedanken, Österreich an Deutschland anzuschließen, verarbeitete 1928 auch Hitler, zehn Jahre bevor er den „Anschluss“ verkündete. An die einzige Richtigkeit seiner Ausführungen glaubend, übte er sich hier als prophezeiender Staatsmann, der die Konsequenzen eines verlorenen Krieges nicht akzeptieren wollte. Die Ausführungen In seinem zweiten Buch schreibt er in dem für seine Texte typischen welterklärerischen Stil:

So ernst gemeint dabei die Anschlußtendenzen der österreichischen Provinzen an sich sind, so wenig ernst nahm man sie in Wien. […]
Allmählich aber wird dieser Anschlußgedanke in eben dem Maß versiegen, in dem eine innere Konsolidierung des österreichischen Bundes stattfindet und Wien seine volle dominierende Stellung zurückerhält. […]
Übrigens kann von einer wirklichen Selbständigkeit eines so kleinen Gebildes tatsächlich ja ohnehin nicht geredet werden. […] Österreich wird immer an den Schnüren irgendeiner Großmacht hängen.

Adolf Hitler, 1928



Die Weltwirtschaftskrise


Ende der 1920er Jahre schwappte schließlich die von den USA ausgehende Weltwirtschaftskrise nach Europa. War es bis zu diesem Zeitpunkt auf mühselige Weise gelungen, dank internationaler Kredite die nach dem Ersten Weltkrieg am Boden liegende Wirtschaft wieder aufzubauen und damit Arbeitslosigkeit und Wohnungsnot zu lindern, so brach sie nun erneut in sich zusammen. Die Krise bestimmte die heimische Wirtschaft über mehrere Jahre. Nur langsam konnten die Beschäftigungszahlen und die Kaufkraft der Menschen dank neuerlicher Kredite wieder gehoben werden. Auch hier verpflichtete sich Österreich, keinen Anschluss an Deutschland anzustreben.



Der Pfrimerputsch


Am 13. September 1931 versuchte Walter Pfrimer als Leiter des „Steirischen Heimatschutzes“ den Putsch. Er organisierte einen über das westliche Niederösterreich führenden Marsch auf Wien, inspiriert von Benito Mussolinis Marsch auf Rom im Jahr 1922. Pfrimer tat dies in der Hoffnung, die Heimwehr zur ersten Macht im Staate zu führen. In seiner Selbstüberschätzung übersah er jedoch den Unwillen anderer Heimwehrverbände, ihn bei diesem absurden Vorhaben zu unterstützen.

In Amstetten begegnete ihm das Bundesheer und der Marsch auf Wien fand sein Ende. Pfrimer floh zuerst nach Jugoslawien, kehrte dann jedoch nach Österreich zurück und wurde vor Gericht freigesprochen.
Schon damals konnte als ernsthafte Rechtfertigung vorgebracht werden, es hätte sich bei diesem Umsturzversuch nur um eine „b’soffene G’schicht“ gehandelt, wie sich angeblich der damalige steirische Landeshauptmann Anton Rintelen dazu geäußert haben soll.

Leopold Kunschak, zu diesem Zeitpunkt Nationalratsabgeordneter der Christlichsozialen, fasste die Lage nach dem als „Narretei“ verharmlosten Putschversuch so zusammen:

Mit dem Zusammenbruch des operettenhaften Putsches der Heimwehren erscheint keinesfalls die Richtigkeit und Nützlichkeit des Heimatschutzgedankens getroffen. Die Sozialdemokraten wittern Morgenluft und glauben, daß nun der Weg für ihren Terror und ihre Diktaturgelüste wieder frei geworden sei. Nun erst recht muß der Freiheitsbund das Gegenteil beweisen. Der Heimatschutzgedanke hat trotz der Narretei des Herrn Pfriemer nichts von seiner Berechtigung eingebüßt.

Leopold Kunschak, 14. September 1931



1932


1932 war in Österreich das letzte Jahr der Ersten Republik, bevor Engelbert Dollfuß die Demokratie untergrub und begann, seine diktatorischen Vorstellungen für Österreich umzusetzen.

1932 war in Deutschland das letzte Jahr der Weimarer Republik, bevor Adolf Hitler diktatorisch regierte.

1932 war also ein sehr wichtiges Jahr, markierte diese Zahl doch in beiden Republiken das letzte volle Jahr ihrer demokratischen Existenz, bevor sie im Nationalsozialismus zu Grabe getragen wurden.
Im selben Jahr führten die Sozialdemokraten ihr Drei-Pfeile-Logo als Gegensymbol zum nationalsozialistischen Hakenkreuz ein. Des öfteren fanden sich nun an den Fassaden von Wien Hakenkreuze, die von drei Pfeilen übermalt worden waren.



Engelbert Dollfuß wird Bundeskanzler


Seit Mai 1932 bekleidete Engelbert Dollfuß das Amt des Bundeskanzlers. Da ihm seitens der Großdeutschen und der Sozialdemokraten relativ strenger Gegenwind entgegenblies, formte er eine Regierung, die sich auf die Zusammenarbeit aus Christlichsozialen, Heimatblock und Landbund gründete. Diese Koalition hatte nur eine Stimme Mehrheit im Parlament.



Nationalsozialistischer Terror und Parteiverbot


Ab Juli 1932 begann sich der nationalsozialistische Terror zu steigern, der im Juni 1933 seinen Höhepunkt erreichte:

  • Anfang Juli 1932 wurde eine Veranstaltung des Country-Clubs im Lainzer Tiergarten gestürmt und viele Anwesende verletzt.
  • Im September kam es zu heftigen Prügeleien, als Joseph Goebbels in Wien-Hernals eine Rede hielt.
  • Ein Ende September, Anfang Oktober stattfindender „Gauparteitag“, zu dem sich sogar Hermann Göring, Julius Streicher und Hans Frank in Wien einfanden, war flankiert von Gewalt und Zusammenstößen zwischen politischen Gruppen.
  • Mitte Oktober kam es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen SA und Republikanischem Schutzbund im Bereich des Arbeiterheimes Wien-Simmering, bei der vier Menschen ihr Leben verloren.
  • Im Dezember wurde das Kaufhaus Gerngroß auf der Wiener Mariahilfer Straße mit Tränengas angegriffen.
  • Ein im Juni 1933 durchgeführter Bombenanschlag auf den Juwelier Norbert Futterweit in Wien-Meidling kostete sowohl den Juwelier als auch einen zufällig in der Nähe befindlichen Passanten das Leben.
  • Der kurz danach durchgeführte Bombenterror in Wien-Wieden verursachte hohen Sachschaden.
  • Am 19. Juni 1933 warfen Nationalsozialisten in Krems Handgranaten auf christlichsoziale Turner, wieder war ein Toter zu beklagen.

Am selben Tag wurde die NSDAP in Österreich verboten:

§1. Der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (Hitlerbewegung) wird jede Betätigung in Österreich und insbesondere auch die Bildung irgendwelcher Parteiorganisationen verboten. Die bestehenden Sturmabteilungen und Schutzstaffeln (S.A.- und S.S.-Formationen) sind unstatthaft, das Tragen jedweder Parteiabzeichen ist verboten. Dasselbe gilt für den Steirischen Heimatschutz (Führung Kammerhofer).

240. Verordnung der Bundesregierung, 19. Juni 1933



Dollfuß entmachtet das Parlament


Am 4. März 1933 besiegelte nun eine demokratiepolitische Anomalie, für die die Verfassung zu diesem Zeitpunkt noch keine klare Lösung bereithielt, das nahende Ende der Ersten Republik.

Die Eisenbahner hatten gestreikt, weil man ihnen angekündigt hatte, Ihre Löhne in drei Raten auszuzahlen. Als die Abgeordneten des Nationalrats darüber berieten, wie mit dem Problem umzugehen sei, kam es zu Formalfehlern. Die Vorschläge der Nationalratspräsidenten Karl Renner und Rudolf Ramek, wie diese Fehler am besten zu berichtigen seien, wurden abgelehnt, woraufhin die beiden zurücktraten. Anschließend trat auch der dritte Nationalratspräsident Sepp Straffner zurück, was Dollfuß als „Selbstausschaltung des Parlaments“ deklarierte und seine einmalige Chance wahrnahm, die parlamentarische Demokratie im Handstreich zu beenden.

Als der Nationalrat am 15. März noch einmal zusammenkommen wollte, um die unterbrochene Sitzung zu Ende zu bringen, ließ Dollfuß mit Hilfe der Polizei die Abgeordneten nicht mehr ins Parlament.
Fortan regierte er auf Basis des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes aus dem Jahr 1917 und begann das Land im Sinne seiner diktatorischen Vorstellungen umzugestalten. Der Faschismus war damit in Österreich angekommen.
Als Einheitspartei wurde am 21. Mai 1933 die Vaterländische Front gegründet. Ihr Symbol war das Kruckenkreuz, das als Gegensymbol zum nationalsozialistischen Hakenkreuz dienen sollte.



Verbot der Kommunistischen Partei


Am 26. Mai 1933 wurde das Verbot der Kommunistischen Partei ab 31. des Monats beschlossen. Als Begründung wurden illegale und staatsfeindliche Handlungen angeführt.



Österreichischer Bürgerkrieg und Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei


Der 12. Februar 1934 fand als Beginn des österreichischen Bürgerkriegs, der auch unter dem Begriff „Februarkämpfe“ bekannt ist, Eingang in die Geschichtsbücher.

Als Reaktion auf die Demontage der Demokratie durch Dollfuß waren die Mitglieder des zu diesem Zeitpunkt bereits verbotenen Republikanischen Schutzbundes in ständiger Kampfbereitschaft. Die Staatsmacht erkannte deshalb die Notwendigkeit, diese Parteiarmee der noch nicht verbotenen Sozialdemokraten zu entwaffnen. Doch trotz der erdrückenden Übermacht von Polizei, Bundesheer und Heimwehrverbänden griffen die Schutzbundangehörigen unter Richard Bernaschek in Linz zu den Waffen und versuchten so den Aufstand gegen den Faschismus.

Durch den zu diesem Zeitpunkt ungeplanten Beginn des Ereignisses entbrannte der Bürgerkrieg nicht in ganz Österreich. Die größeren Kampfhandlungen beschränkten sich auf Wien, Linz, das steirische Industriegebiet und andere Industriestädte mit hohem Anteil sozialdemokratischer Anhänger unter den Arbeitern.

Als Folge waren einige hundert Tote in ganz Österreich zu beklagen. Nach dem Ende der Kampfhandlungen wurde die letzte verbliebene Partei, die der Vaterländischen Front des Dollfuß-Regimes als demokratisches Gegengewicht noch gegenüberstand – die Sozialdemokratische Arbeiterpartei – verboten.

Mit dem Ende des Aufruhrs war das Ende der Sozialdemokratischen Partei, das Ende der sozialdemokratischen Herrschaft im Wiener Rathause, aber auch – das Ende der parlamentarischen Republik gekommen – sie war gewesen! Das Gebrüll der Kanonen, das Rattern der Maschinengewehre und das Geknatter der Mannlicherstutzen glichen, in akustischer Ueberdimensionierung, dem Geklapper eines riesigen Webstuhles, an dem das bluttriefende Leichentuch für die parlamentarische Republik gewoben ward.

Leopold Kunschak, 1935



Die Maiverfassung des Ständestaats


Am 1. Mai 1934 wurde eine neue Verfassung in Kraft gesetzt. Ein christlich-deutscher Bundesstaat mit starker Kirche sollte entstehen, das Parlament durch die Kammern der Berufsstände ersetzt werden (Ständestaat). Dieser Umbau des Staatsgefüges fand allerdings nicht vollständig statt – Dollfuß, und nach dessen Ermordung Kurt Schuschnigg, regierten weiterhin diktatorisch auf der Grundlage des Kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes von 1917. Die Erste Republik war nun Geschichte. Anstelle des einköpfigen Adlers trat nun wieder der nimbierte Doppeladler als Wappen Österreichs.

Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen, deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung.
[…]
Artikel 1. Österreich ist ein Bundesstaat.

Verfassung 1934, Präambel und Artikel 1



Hitler, Mussolini und Österreich


Am 19. Juni 1934 notiert Alfred Rosenberg, der führende Ideologe des Nationalsozialismus, eine interessante Unterhaltung zwischen Hitler (H) und Mussolini (M) in sein Tagebuch. Der Dialog offenbart, welcher Art die Besprechungen waren, die über Freud und Leid eines ganzen Landes entscheiden konnten und für wie gegenstandslos die beiden Staatschefs die Souveränität Österreichs erachteten.

Oesterreich. H.[itler] habe mit rücksichtsloser Offenheit gesprochen:
Dollfuss ein Volksverräter, er würde in Oe.[sterreich] auch mit Bomben u. Granaten arbeiten.

M: Was schlagen Sie vor?
H.: Absetzung v. Dollfuss, unparteilicher Regierungschef. Neuwahlen.
Beteiligung d. NSDAP im Verhältnis zum Ergebnis an der Regierung.
Anschluss nicht akut.
M: Akzeptiert!
H. betrachtet dies als grossen Erfolg, wenigstens würde kein Konflikt mit I.[talien] wegen Oesterreich eintreten.

Alfred Rosenberg, 19. Juni 1934



Nationalsozialistischer Terror II


Ein Beispiel für den aus Deutschland gesteuerten Terror der Nationalsozialisten findet man im Anschlag in der Nacht vom 22. auf 23. Juni 1934. Polizeihauptmann Konrad Nosko des Polizeikommissariats Wien-Mariahilf starb in dieser Nacht beim Versuch, eine Sprengstofffalle zu entschärfen, die von SA-Mitglied Günter Mark von Traisenthal gelegt wurde.

Der in unten zitierter eidesstattlicher Erklärung ebenfalls angeführte Cornelius Zimmer war ein Kaufmann, der bei der SA im Verdacht stand, die Bewegung verraten zu haben. Er wurde am 14. Juli 1934 von SA-Angehörigen erschossen.

Traisenthal gab zu Protokoll:

Juni 34 Befehl v.[on] d.[er] Obergr.[uppe] XI München zur Beseitigung d.[es] Pol.[izei] Mjr. Nosko u.[nd] des Wr. Staffelführers Corn.[elius] Zimmer. Organisation und Durchführung anfangs Juli 1934. […] Tötung d. Polizeimjr. Nosko durch eine Bombe im Pol. Komm.[issariat] Mariahilf […]

Günter Mark von Traisenthal, 15. Februar 1936



Nationalsozialistischer Putschversuch


Schon am 25. Juli 1934 folgte die nächste Krise: ein Putschversuch – Nationalsozialisten, die dem faschistischen Österreich eine neue Führung aufzwingen wollten, besetzten die Hofburg. Nach kurzem Aufstand war zwar klar, er würde scheitern, dennoch ereigneten sich in Wien dramatische Momente, die für Dollfuß tödlich endeten. Er starb durch die Kugel eines Putschisten, weil ihm medizinische Hilfe verwehrt worden war.

Der Putschversuch, der vor allem in Wien, Kärnten und der Steiermark stattfand, forderte letztendlich 250 bis 300 Tote. Die letzten Gefechte im Süden Österreichs ebbten erst Anfang August ab.

Kurt Schuschnigg versuchte daraufhin in Dollfuß‘ Stapfen zu treten, erreichte in der Bevölkerung jedoch nie die beinahe als sentimental zu bezeichnenden Loyalitäts- und Beliebtheitswerte, die Dollfuß genossen hatte.



Der Österreichische Luftschutzbund


Am 24. April 1935 wurde der Österreichische Luftschutzbund (ÖLB) gegründet. Schon im Ersten Weltkrieg wurde in geringem Umfang der Luftkrieg erprobt, sodass in militärstrategischen Überlegungen klar war, dass er in kommenden Kriegen eine tragende Rolle einnehmen würde.
Der ÖLB verfasste Verhaltensrichtlinien für die Bevölkerung, Empfehlungen, wie ein Luftschutzraum gebaut werden sollte und veranstaltete Übungen und Präsentationsveranstaltungen, die den Luftschutzgedanken in den Köpfen der Menschen verankern sollte. Noch ahnte man nicht, welche Notwendigkeit dieser Gedanke acht Jahre später in Österreich entfalten sollte.



Das Juliabkommen


Etwa zwei Jahre nach Dollfuß‘ Tod, am 11. Juli 1936, unterzeichnete Schuschnigg das „Juliabkommen“, das das Verhältnis zwischen Österreich und Deutschland wieder „freundnachbarlicher“ werden lassen sollte. Einer der Hauptpunkte des Abkommens war die Anerkennung der vollen Souveränität Österreichs durch Deutschland.

Folgender Kommentar wurde dem Abkommen beigefügt:

Deutschland hat weder die Absicht noch den Willen, sich in die inneren österreichischen Verhältnisse einzumengen; Österreich etwa zu annektieren oder anzuschließen.

Adolf Hitler, 11. Juli 1936

Ein wirtschaftlich wichtiger Punkt des Abkommens war die Aufhebung der 1000-Mark-Sperre. Diese war als Reaktion auf die Ausweisung des bayrischen Justizministers Hans Frank, der 1933 in Wien nationalsozialistische Propaganda betrieben hatte, erlassen worden: Jeder Deutsche, der nach Österreich reisen wollte, musste 1000 Mark bezahlen, was im Tourismus zu hohen wirtschaftlichen Einbußen Österreichs führte. Die Zahl der Grenzübertritte von Deutschland nach Österreich sank in beträchtlichem Maße. Im Zuge des Juliabkommens wurde die 1000-Mark-Sperre wieder aufgehoben.

Weiters wurde der Umgang mit der nationalsozialistischen Partei als innere Angelegenheit der Staaten definiert und Österreich verpflichtete sich dazu, keine Propaganda gegen die NSDAP zu führen. In Haft befindliche Nationalsozialisten wurden unter gewissen Bedingungen amnestiert.



Hitler erhöht den Druck auf Schuschnigg


Am 12. Februar 1938 setzte Hitler bei einer Unterredung in Berchtesgaden Schuschnigg schwer unter Druck. Er drohte ihm mit dem militärischen Einmarsch nach Österreich, sollte er nicht zu Zugeständnissen bereit sein. Unter anderem sollte der Führer der österreichischen Nationalsozialisten Arthur Seyß-Inquart zum Innen- und Sicherheitsminister ernannt werden. Mit dieser Maßnahme gab Schuschnigg die Kontrolle über die Exekutive aus der Hand – die Nationalsozialisten konnten sich innerhalb der Vaterländischen Front trotz des noch immer bestehenden Parteiverbots frei politisch betätigen.



Der „Anschluss“


Schuschniggs am 9. März 1938 angekündigte Volksabstimmung für den 13. des Monats, in der sich die Bevölkerung für die Eigenständigkeit Österreichs oder den Anschluss an Deutschland entscheiden sollte, sorgte bei Hitler jedoch für unmittelbaren Tatendrang.

Für ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich!
Für Friede und Arbeit und die Gleichberechtigung aller, die sich zu Volk und Vaterland bekennen.
Das ist das Ziel meiner Politik.

Kurt Schuschnigg, 9. März 1938

Da Schuschnigg mit einer Mehrheit für Österreich rechnen konnte und Hitler das wusste, wies jener Seyß-Inquart und den ebenfalls nationalsozialistischen Bundesminister Edmund Glaise-Horstenau an, Schuschnigg davon zu überzeugen, die Volksabstimmung abzusagen. Sollte er sich weigern, würden die beiden demissionieren und somit das Juliabkommen von 1936 außer Kraft setzen.

Dies wiederum hätte den direkten militärischen Eingriff Hitlers nach sich gezogen, den er Schuschnigg schon in Berchtesgaden angedroht hatte. Er sagte die Volksabstimmung also ab, um eine militärische Auseinandersetzung gegen das aufgerüstete Deutschland, in der Österreich keine Chance gehabt hätte, zu verhindern. Kurz darauf trat er als Bundeskanzler zurück und Bundespräsident Wilhelm Miklas übernahm seine Aufgaben.

So verabschiede ich mich in dieser Stunde von dem österreichischen Volke mit einem deutschen Wort und einem Herzenswunsch: Gott schütze Österreich!

Kurt Schuschnigg, 11. März 1938

Hermann Göring setzte nun darauf, unbedingt die Wehrmacht in Österreich einmarschieren zu lassen, um klare Verhältnisse zu schaffen. Er bat Seyß-Inquart um ein vorgeschobenes Telegramm, in dem er um militärische Hilfe gegen in Österreich ausgebrochene Unruhen bitten sollte, was dieser jedoch selbst nach mehrmaligen Versuchen Görings ablehnte.

Als Hitler davon Kenntnis erhielt, dass sämtliche in Frage kommenden Schutzmächte auf Zeit spielten oder ganz deutlich keine Hilfe für Österreich in Aussicht stellten – auch Italien nicht – gab er den Befehl zum Einmarsch, der am 12. März stattfinden sollte.

Im gleichen Zeitraum, der Nacht vom 11. auf den 12. März, ernannte Miklas nach anfänglicher Ablehnung Seyß-Inquart zum Bundeskanzler. Auch in den Bundesländern übernahmen Nationalsozialisten führende Positionen. Die Übernahme der Macht war somit vollzogen, der für 12. März befohlene Einmarsch wurde von Hitler jedoch nicht mehr gestoppt.

In den Morgenstunden des 12. März landeten Heinrich Himmler, der Reichsführer-SS, und Reinhard Heydrich, Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes der SS, am Flughafen Aspern – die ersten Verhaftungswellen gegen politisch missliebige Personen und Personenkreise begannen. Insgesamt wurden im März zehntausende Menschen – Sozialdemokraten, Kommunisten, Intellektuelle und weitere Bevölkerungsgruppen, darunter viele Juden, die im Nationalsozialismus nicht erwünscht waren – verhaftet, auch Schuschnigg. Juden wurden mit Berufsverboten belegt und aus dem wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen.

Ebenfalls am 12. März wurde bereits das Anschlussgesetz beschlossen und am 13. März verkündet. Miklas verweigerte die Unterschrift und übertrug, nachdem Druck auf ihn ausgeübt wurde, sein Amt dem Bundeskanzler Seyß-Inquart, der die Unterschrift leistete. Hier endete die Eigenständigkeit Österreichs, das in diesem Moment im Deutschen Reich aufgegangen war.

Artikel 1. Österreich ist ein Land des Deutschen Reiches.

Bundesverfassungsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich

Wortlaut des Gesetzes siehe http://www.worteimdunkel.at/?page_id=490#gesetz

Adolf Hitler hatte damit eines seiner Ziele erreicht: Am 15. März konnte er vom Balkon der Hofburg am Heldenplatz verkünden, er hätte seine Heimat „heim ins Reich“ geholt:

Diese Jahre der Leidenszeit haben mich in meiner Überzeugung vom Wert des deutschösterreichischen Menschen im Rahmen unserer großen Volksgemeinschaft nur bestärkt. Die wunderbare Ordnung und Disziplin dieses gewaltigen Geschehens ist aber auch ein Beweis für die Kraft der diese Menschen beseelenden Idee. Ich kann somit in dieser Stunde dem deutschen Volke die größte Vollzugsmeldung meines Lebens abstatten:
Als Führer und Kanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Geschichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!

Adolf Hitler, 15. März 1938

Der jubelnden Menge standen die Tage der Wahrheit jedoch erst bevor. Die Freude über Arbeitsplätze beim Autobahnbau und in der Rüstungsproduktion währte nur kurz, bis im Laufe der folgenden Jahre immer klarer wurde, welche Abwärtsspirale Hitler mit dem auf seinem Kriegswillen beruhenden Wirtschaftsaufschwung in Gang gesetzt hatte. Dennoch hält sich bis heute hartnäckig die absurde Mär des von ihm geschaffenen Wirtschaftswunders.

Hitlers „Wirtschaftswunder“, siehe http://www.worteimdunkel.at/?page_id=490#wirtschaft

Um die Geschehnisse zwischen 11. und 13. März nachträglich zu legitimieren, führten die neuen Machthaber am 10. April 1938 eine Volksabstimmung durch. Da die führenden politischen Gegner und die intellektuelle Elite zu diesem Zeitpunkt bereits verhaftet, vertrieben oder in den Untergrund geflüchtet waren, wirkte die intensive Propaganda des nationalsozialistischen Regimes ohne eine gegenwirkende Stimme der Vernunft. Auch das Wissen um die Verhaftungswellen erhöhte den Druck unter den Wahlberechtigten, das Kreuzchen im großen Kreis für „Ja“ zu setzen.
99,73 Prozent stimmten für den Anschluss.





Literatur


Druckwerke

Walter Goldinger, Dieter A. Binder, Geschichte der Republik Österreich 1918–1938 (Wien 1992)

Leopold Kunschak, Österreich 1918–1934 (Wien 1935)

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Zitate