Wie schon letzte Woche angekündigt, werde ich bis auf weiteres textlich kürzere Artikel veröffentlichen. Im heutigen Beitrag geht es um ein Thema, das wohl zu den menschlich besonders unangenehmen zählte: dem Gang auf die Toilette im Luftschutzraum oder -stollen. Hunderte Menschen mussten sich schlimmstenfalls einige wenige Aborte teilen. Vergleicht man diese Situation mit modernen WC-Anlagen bei Open-Air-Veranstaltungen, die am neuesten Stand der Hygiene sind und trotzdem meist nur unter Überwindung einer gewissen Ekelgrenze aufgesucht werden, so lässt sich eventuell abschätzen, wie unangenehm der Besuch der damaligen „primitiven“ Abortanlagen wohl empfunden wurde.
Bild 1: Drei Abortnischen in einem Wiener Luftschutzkeller, in dem sich im Alarmfall hunderte Menschen drängten. Die vorhandenen Türen wurden mittlerweile anscheinend anderweitig verwendet.
Bild 2: Ruine einer Notabortanlage, die im Zweiten Weltkrieg nachträglich im zweiten Kellerstockwerk eines Wiener Altbaus eingebaut wurde – in der zweiten Nische steht eine Aborttonne.
Bild 3: Das Notabort in der Nische – links unter dem Rand erkennt man einen der beiden Tragehenkel. Oben am Rand erhöhten zwei montierte Verbreiterungen den „Sitzkomfort“.
Bild 4: Schief am letzten Nagel hängend hat sich dieses Schild eines Notaborts für Frauen erhalten. Nach Beleuchtung mit der Taschenlampe glimmt es noch einige Minuten nach.
Bild 5: Von der Tür gefallene Kennzeichnung „Herrenklosett“ in einem Luftschutzkeller der Wiener Innenstadt.
Bild 6: Blick ins Herrenklosett – getrennt durch eine einfache Bretterwand wurden hier Geschäfte verrichtet.
Bild 7: In diesem Luftschutzkeller kam ein anderes Modell als die weiter oben und unterhalb gezeigten Notaborte zur Anwendung. Oben in der Mitte befand sich ein kleiner runder Deckel, der breite runde Rand diente als Sitzfläche. Auch hier sind die Henkel deutlich erkennbar. LSA II stand für Luftschutzabort II, womit offensichtlich jenes für die Herren bezeichnet war. Entsprechend wurde vermutlich das Luftschutzabort I für die Damen eingerichtet.
Bild 8: Auch in diesem ehemaligen Luftschutzstollen eines Industriebetriebs, der in Fels geschlagen wurde, war ein Notabort eingerichtet.
Bild 9: Die roten Beschläge verbreiterten die Sitzfläche. Die Aborte waren von der Bauweise dem ersten oben gezeigten Modell ähnlich.
Bild 10: Aborthinweis in einem ehemaligen Brauereikeller, in dem kriegswichtige Industrie unterirdisch verlagert wurde.
Bild 11: Hinweis „Zu den Frauenaborten“ in einem großen Luftschutzkeller, der an das Schutzraumnetz Innere Stadt angeschlossen war.
Bild 12: Hinter dieser Tür verbarg sich das Damen-WC.
Bild 13: Einfaches Suchbild
Bild 14: Doppeltes Suchbild
Bild 15: Die folgenden beiden 00-Pfeile wiesen in einem Luftschutzstollen den Weg zu den Aborten.
Bild 17: Die Stollen waren üblicherweise überbelegt. An den Wänden sind die Halterungen der herunterklappbaren Sitzmöglichkeiten zu erkennen. Um die Notdurft zu verrichten, mussten sich die Leute erst ihren Weg durch die Menschenmenge bahnen.
Bild 18: Pro Abteil standen drei Aborttonnen zur Verfügung, hier also sechs. Vermutlich war eines der beiden Abteile für Frauen, das andere für Männer vorgesehen.
Bild 19: An einer anderen Stelle des Stollens sind noch die durch hölzerne Einbauten voneinander getrennten Abortnischen in den Abteilen erkennbar.
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Literatur:
Robert Bouchal, Marcello La Speranza, Stumme Zeugen. Auf den Spuren des Krieges in Wien und Umgebung (Wien/Graz/Klagenfurt 2013)
Interne Links:
Mehr zu den Jahren von 1939 bis Kriegsende:
1939 bis Kriegsende